Über die Marionetten zum »Triadischen Ballett«

Die 18 Marionetten für die Marionetten-Fassung des »Triadischen Balletts« wurden zwischen 1987 und 1990 von den Amateur-Puppenspielern und -bauern Marianne und Kurt Erbe in Oberhausen angefertigt. Mit dem Dreh eines kurzen Videos beendete die Familie Erbe das Projekt.
Die Sammlerin Leonore Prilipp erwarb das Ensemble. Von ihr erhielt Christian Fuchs die Marionetten um sie erstmals auf live auf die Bühne zu bringen.

Leonore Prilipp
Die Sammlerin aus Bochum schreibt über die Marionetten, die sie in ihre Sammlung aufnahm:

In der Zeitschrift Die Spielleiste Jahrgang 1996 wurde auf eine Ausstellung „Figurentheater – von den Anfängen bis heute“, die im Bilderbuchmuseum der Stadt Troisdorf, Burg Wissem, stattfand, hingewiesen. Die Ausstellung zeigte Puppen aus der Privatsammlung K. H. Rothers, als Leihgaben interessante Metallmarionetten von Heinrich Kneip und Marionetten von Marianne (1936-2014) und Kurt Erbe (1927-2015), die das „Triadische Ballett“ nach Oskar Schlemmer darstellten. Diese Marionetten wurden zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gezeigt. War die Präsentation der Figuren, besonders in der Remise sonst sehr gelungen, so drängten sich hier die Figuren in einer Ecke und kamen so leider nicht zu der Wirkung, die sie verdient hätten, denn die Umsetzung von Oskar Schlemmers achtzehn Figuren als Marionetten an Fäden ist meines Erachtens sehr beachtlich. 

Was veranlaßte ein Ehepaar, Amateure im Figurentheater, drei Jahre lang ausgerechnet diese, doch sehr abstrakten, Figuren als Marionetten zu bauen, deren Konstruktion und Bau zudem sehr aufwendig und schwierig ist?

Marianne Erbe

„Angefangen hat alles im Herbst 1983 mit einem Marionettenbau-Kurs bei der Volkshochschule Oberhausen,“ erzählt Marianne Erbe, von Beruf Schulsekretärin, „zu der wir uns mit unserem Sohn angemeldet haben, da wir schon immer Freude an selbstgefertigten Dingen hatten.“ Angeregt durch den Kurs wurde zuhause weitergebaut. Da Kurt, von Beruf Maurermeister, frühpensioniert war, baute er in seiner freien Zeit leidenschaftlich Marionetten.

Ein einschneidendes Erlebnis für das Ehepaar Erbe war der Besuch einer Aufführung von Albrecht Rosers Szenenprogramm „Gustav und sein Ensemble“. 
„Wir können doch mit unseren Marionetten auch ein Szenenprogramm, ein buntes Zirkusprogramm machen!“, war anschließend ihre Meinung. So entstand das „Circus-Varieté an Fäden“, mit dem die Erbes dann öffentlich auf Straßenfesten, bei Familienfeiern, in Kindergärten und Schulen und in der Stadtbücherei Oberhausen auftraten. 

Schon bald genügten diese recht einfachen Marionetten jedoch nicht mehr ihren Ansprüchen. Sie wollten neue Anregungen erhalten, die Technik verbessern, das Spiel vervollkommnen. Dies gelang ihnen durch Seminare am Figurentheater-Kolleg  Bochum und bei der Rheinischen Arbeitsgemeinschaft für Puppenspiel im Bezirk Düsseldorf. 

Sie lernten die Schleudermarionette,  die Ganzmarionette mit anspruchsvollen Gelenken und das Führungskreuz von Fritz Herbert Bross kennen und bauen.

Um Albrecht Rosers Marionetten mit dem nun erworbenen Fachwissen neu und bewußt erleben zu können, fuhr das Ehepaar nach Stuttgart und sah sich „Gustav und sein Ensemble“ noch zwei Mal begeistert an. In der Zeit zwischen den Vorstellungen gingen sie in die Staatsgalerie.

Kostümfiguren von Oskar Schlemmer in der Staatsgalerie Stuttgart

Wer sich mit Oskar Schlemmer beschäftigt hat, weiß, dass er am 4. September 1888 in Stuttgart geboren wurde. An der Stuttgarter Akademie war er Meisterschüler und 1922 fand in Stuttgart die Uraufführung seines „Triadischen Balletts“ statt. Heute sind sechs der Kostüme als Dauerleihgabe in der Staatsgalerie zu sehen. Das Ehepaar Erbe begeisterte sich spontan für die klaren Formen der Figuren, und so entstand der Wunsch, das gesamte „Triadische Ballett“ mit Marionetten zu gestalten. Um sie professioneller bauen zu können, belegten sie Kurse bei Jürgen Maaßen, dem bekannten Düsseldorfer Figurenbildner. Nach Zeichnungen, Skizzen, Fotos und Beschreibungen der Kostüme entstanden die Marionetten. Die Vorlagen mußten maßstabgerecht vergrößert werden, geeignetes Material gesucht und gefunden werden (Holz, Styrofam, Draht, Pappmaché), entsprechende Gelenke gebaut und Kaschiertes bemalt werden. 

Von 1987 bis 1990 gestalteten sie 18 Figuren, manchmal auch mit Frust, denn es funktionierte nicht alles, wie man es sich gedacht hatte.

»Das Triadische Ballett« in der Fassung von Margarete Hasting (Choreographie) und Erich Ferstl (Musik)

Angeregt durch den Film „Das Triadische Ballett“ (Bavaria Atelier München 1969 mit Musik von Erich Ferstl) und die Live-Aufführung in der Musikhochschule in Köln mit Musik von Hans-Joachim Hespos, entstand die Idee, ein Video zu drehen.

»Das Triadische Ballett« in der Fassung von Gerhard Bohner (Choreographie) und Hans Joachim Hespos (Musik)

Vom Komponisten erhielten sie eine Aufnahme der 1976 für die Berliner Festwochen geschriebenen Musik „Das Triadische Ballett“, mit der Erlaubnis, sie für private Zwecke zu verwenden. Das Video wurde hergestellt, was sie sie sich vorgenommen hatten, war erreicht. Der Kreis war geschlossen. Was Erbes sich vorgenommen hatten, hatten sie erreicht.

»Das Triadische Ballett« in der Fassung von Kurt und Marianne Erbe (Marionetten und Choreographie) mit Musik von Hans Joachim Hespos

Nur einmal wurden diese interessanten Marionetten in der Öffentlichkeit gezeigt.

Ich denke, daß sie es wert sind, nicht nur ausgestellt, sondern auch gespielt zu werden. Oskar Schlemmer wollte, daß sich seine Tänzer im Dreiklang von Musik, Bewegung und Raum präsentieren. Ich wünsche mir fur diese Marionetten das gleiche.